Donnerstag, 28. Januar 2010

Das weiße Band



Vor einigen Jahren habe ich im Spätabendprogramm von 3sat den Film "Die Klavierspielerin" gesehen. Damals, als ich noch jung war, beeindruckte mich die schonungslose Radikalität und Intensität dieses Films. Die heftige Szene auf der Toilette und das selbstzerstörerische Ende blieben besonders in Erinnerung. Andererseits wusste ich nicht, was ich von diesen Bildern zu halten hatte.
Als ich im Mai letzten Jahres davon hörte, dass der Film "Das weiße Band" von Michael Haneke in Cannes die Goldene Palme gewonnen hatte, sagte mir der Name des Regisseurs nichts. Bis ich nachschaute und las, dass er auch "Die Klavierspielerin" gemacht hatte.
Ich wusste also: "Das weiße Band" wird keine leichte Kost. Und das ist der Film in der Tat nicht. Oder wie es der SPIEGEL schrieb: "...ein Horrorfilm, der keine Horrorbilder braucht."
Gestern habe ich es endlich geschafft den Film im Kino zu sehen. Es war gar nicht so einfach, ein Kino zu finden, dass den Film zeigt bzw. noch zeigt.

"Das weiße Band" spielt in einem protestantischen Dorf in Norddeutschland am Vorabend des 1. Weltkriegs. Zahlreiche mysteriöse Todesfälle ereignen sich. Die Kinder des Dorfes werden von ihren Eltern streng erzogen, verprügelt, gedemütigt und sexuell missbraucht. Sie stehen im Mittelpunkt der Geschichte und sind nicht nur Opfer, sondern wachsen zu kühlen und brutalen Wesen heran. Der Pfarrer (Burghart Klaußner) prügelt, der Arzt missbraucht seine Tochter und der Baron (Ulrich Tukur) ist der rücksichtslose Adlige. Inmitten all dieser bösen Menschen, befindet sich der einzig gute - der Lehrer. Er versucht die gräßlichen Taten aufzuklären.

"Das weiße Band" ist auch im stilistischen Bereich ein Meisterwerk. Schwarz-weiß, eine unglaublich ruhig geführte Kamera, lange Einstellungen, tolle Steadicam-Einsätze und ein sparsamer Einsatz von Filmmusik - nämlicher keiner. Und das passt gut zum Film. Nichtmal Vorspann und Abspann werden musikalisch unterlegt. Das erste und das letzte Bild des Films werden ganz langsam ein- bzw. ausgeblendet. Dazu die markante Stimme des Erzählers, einfach grandios.
Michael Haneke sagte in einem Interview, dass der Film keine Aussage habe. Doch man kann sicherlich nicht übersehen, dass diese Zeichnung der Gesellschaft zeigen soll, warum es in Deutschland zu den beiden Weltkriegen gekommen ist. Die Erwachsenen als Marionetten des Kaiserreichs und die Kinder als zukünftige Faschisten, die in die noch größere Katastrophe des 2. Weltkriegs ziehen.
Ob Haneke hier eine Überzeichnung vorgenommen hat, darf jeder für sich entscheiden. Für mich darf ein Film sowas.

Goldene Palme, Europäischer Filmpreis, Golden Globe - ich denke, dem Oscar dürfte nach solch einem Triumphzug nichts mehr im Wege stehen - zurecht!
Um bei der abschließenden Filmbewertung künftig besser entscheiden und differenzieren zu können, erhöhe ich die Anzahl der möglichen Punkte von 5 auf 10.

"Das weiße Band" verdient eindeutig: 10 von 10 Punkten. Einer der besten Filme des letzten Jahres (ich überlege immer noch, welche anderen Filme so gut waren...)

1 Kommentar:

  1. Flip erhöht die Punkteskala von 5 auf 10 und gibt gleich 10 Punkte ... dann muss er überragend sein. Good to know, man wird es sich zu Gemüte führen!

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